Instandsetzung der Neckarbrücke bei Hirschhorn
Ausführungsort:
Hirschhorn
Auftraggeber:
Hessen Mobil, Straßen- u. Verkehrsmanagement, Heppenheim
Architekt/Ing.büro:
N.N.
Zeitraum:
2012 – 2014
Am Rand des kleinen Kurorts Hirschhorn überquert eine elegant geschwungene Kastenträgerbrücke den Neckar. Mehr als 30 Jahre nach ihrer Fertigstellung bedarf sie einer behutsamen Betonsanierung. Beschichtungen von Remmers unterstützen dabei einen schnellen Baufortschritt und eine frühe Freigabe für den Verkehr.
Eine der großen Aufgaben im Ingenieurbau ist derzeit das Ertüchtigen alter Brücken. Nachdem die öffentliche Hand die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur jahrelang eher auf Sparflamme betrieb, hat sich ein gewaltiger Sanierungsstau aufgebaut, der nun schrittweise abgearbeitet werden muss. Ein typisches Beispiel ist die Neckarbrücke bei Hirschhorn. Wenige Kilometer östlich von Heidelberg gelegen, tut sie seit 1981 ihren Dienst und führt die Bundesstraße B37 in einer weiten Kurve über den Fluss. Obwohl sie seit über 30 Jahren dem täglichen Verkehr ausgesetzt ist, hat sie bislang nur geringfügige Erhaltungsmaßnahmen erfahren. Die Folgen: An einigen Stellen ist der Beton abgeplatzt, Stahlbauteile wie Geländer und Brückenauflager beginnen zu korrodieren, in die Fahrbahndecke haben sich Spurrinnen eingefressen und die Fahrbahnübergänge sind ausgeschlagen, so dass sie bei jedem Überfahren laut klappern. Die Lärmbelästigung wiegt besonders schwer, denn die Gemeinde Hirschhorn als staatlich anerkannter Luftkurort muss ihren Gästen ein erholsames Umfeld bieten.
Diesem Umstand verdankt die Brücke überhaupt ihre Existenz. 1981 war sie als Teil einer Umgehungsstraße über den Neckar geschlagen worden, um den Kurort vom Durchgangsverkehr zu befreien. Mit Rücksicht auf das Landschaftsbild hatte man sie nicht als liebloses Zweckbauwerk errichtet, sondern besondere Sorgfalt auf ihre Gestaltung verwendet – ihre weichen Formen korrespondieren mit den sanften Hängen des Neckartals. Der Kastenträger aus Beton etwa rauscht nicht einfach kerzengerade über die Pfeiler hinweg, vielmehr zeigt er eine elegant geschwungene Unterkante mit Vouten. Kontinuierlich verringert sich die Kastenhöhe zur Feldmitte, während sie zu den Pfeilern hin anwächst. Damit entspricht sie der statischen Beanspruchung der Bauglieder und macht den Lastenfluss anschaulich. Die Pfeiler zeichnen sich durch einen elliptischen Querschnitt aus und verjüngen sich nach unten zum Wasser hin, um die Strömung weniger zu behindern. All diese Gestaltungsmerkmale erregten die Aufmerksamkeit des großen Fritz Leonhardt, der das Bauwerk 1994 in sein Standardwerk „Brücken“ aufnahm: Obwohl der Ingenieur vor allem als Erfinder des Stuttgarter Fernsehturms Furore machte, beschrieb er sich selbst zeitlebens als passionierten Brückenbauer; und als solcher fand er in seinem Buch lobende Worte für die Neckarüberführung bei Hirschhorn.
Umfangreicher Aufgabenkatalog
Als nun eine Instandsetzung anstand, nutzte der Bauherr, Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement, die Gelegenheit, um die Brücke auch an geänderte Vorschriften anzupassen. Bis Oktober 2014 erhält sie neue Geländer und Schutzplanken, die für höhere Anpralllasten ausgelegt sind. Durch den Austausch der alten Fahrbahnübergänge gegen ein System in lärmmindernder Bauweise reduziert sich die Belästigung für die Gemeinde Hirschhorn. Da die Fahrbahndecke Risse aufweist, die auch Fehlstellen in der darunterliegenden Abdichtung verursacht haben, werden auch sie zum Schutz vor dem Eindringen von Chloriden im Winter erneuert. Auf diese Weise soll die Fahrbahnplatte aus Beton vor dem Eindringen von Chloriden geschützt werden, die im Winter durch das im Straßenwasser gelöste Streusalz entstehen und die Stahlbewehrung angreifen. Auch die Pfeiler und den Kastenträger gilt es zu schützen, allerdings vor den Folgen der normalen Betonalterung: Wie bei den meisten Betonbauten hat auch bei der Neckarbrücke das Kohlendioxid aus der Luft im Zusammenspiel mit Feuchteeinwirkung durch Regen dafür gesorgt, das der Beton nach und nach immer stärker carbonatisiert ist. Da die Überdeckung des Bewehrungsstahls durchschnittlich nur die vorgeschriebene Mindesttiefe von 20 mm aufweist, hat sich die Carbonatisierungsfront von außen stellenweise bereits bis zum Bewehrungsstahl vorgearbeitet, so dass dieser nun korrodiert ist. Teilweise war dies an Rostfahnen an der Betonoberfläche ablesbar, teilweise hat die Volumenvergrößerung des Stahls beim Korrodieren aber auch die Betonüberdeckung abgesprengt. Also erfahren Pfeiler, Kastenträger und Brückenunterseite nun eine klassische Betonsanierung, die der Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Rili-SIB 200) des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) folgt. Zunächst gilt es, die mit Abplatzungen durchsetzten oder von Rostfahnen gekennzeichneten Stellen von Hand bis zur Bewehrung abzutragen, dann den korrodierten Bewehrungsstahl sorgfältig zu entrosten und ihn mit einem Anstrich vor erneuter Korrosion zu schützen. Der freigelegte Beton wiederum wird von verbundmindernden Stoffen gereinigt, damit anschließend der Spritzbeton besser haftet, mit dem die Ausbruchstellen verfüllt beziehungsweise reprofiliert werden. Zum Abschluss erhalten nicht nur die reparierten Stellen, sondern die gesamten 9.700 Quadratmeter Betonoberfläche, die der Witterung ausgesetzt sind, einen Schutz, der künftig die Carbonatisierung deutlich verlangsamt.
In der Summe erfordern diese Maßnahmen eine halbseitige Sperrung der Brücke. Der Autoverkehr kann daher während der Bauphase nur in eine Richtung fahren und die Fahrzeuge in Gegenrichtung müssen wie früher durch den Ort geleitet werden. Um die erneute Beeinträchtigung der Gemeinde Hirschhorn zu minimieren, sind alle Beteiligten bemüht, die Sanierung so schnell wie möglich abzuschließen. Hierzu leistet das Betonoberflächen-Schutzsystem von Remmers einen Beitrag, da es einen zügigen Baufortschritt fördert.
Beton langfristig sichern
Für die Instandsetzung der Brücke hat das Aschaffenburger Unternehmen HBS Hörnig Bauwerkssanierung mit der Heidelberger Firma BWS Rhein-Neckar eine Arbeitsgemeinschaft gebildet. Um den Beton dauerhaft zu schützen, verwenden die Handwerker vor Ort zwei Komponenten von Remmers, die zusammen nach DIN V 18026 als OS-C System geprüft sind. Zur Vorbereitung reinigen die Arbeiter die Oberfläche mit einem Hochdruckwasserstrahl von Verschmutzungen und von Algen-, Flechten- und Moosbewuchs. Dann bringen sie zunächst eine Beschichtung aus „OS Concre-Fill“ auf. Sie verschließt Poren, Lunkern und kleinere Ausbruchstellen bis 1 mm Tiefe. Durch ihre gute Anhaftungseigenschaft lässt sie sich ohne Grundierung zeitsparend direkt auf den Beton auftragen. Üblicherweise gilt die Beschichtung als Spachtelmasse; um jedoch die großen Flächen der Neckarbrücke zu bewältigen, wird sie mit einem Airless-Spritzgerät aufgebracht, dessen 0,89-mm-Düse mit der geringen Korngröße der Masse gut zurechtkommt. Anschließend wird die Beschichtung von Hand mit Bürsten egalisiert, so dass sie auch wirklich die kleinste Pore schließt. Weil sie im Unterschied zu Oberflächenschutzsystemen auf Zementbasis 100 Prozent Reinacrylat als Bindemittel enthält, lässt sie sich schon nach relativ kurzer Zeit dem normalen Außenklima aussetzen und erfordert keine Folienabdeckung, um etwa ein zu schnelles Austrocknen durch Wind oder Sonneneinstrahlung zu verhindern. Dadurch kann der nächste Arbeitsgang ohne lange Pause erfolgen.
Als zweite Komponente bringen die Verarbeiter „Betonacryl“ von Remmers auf – in zwei Arbeitsgängen, wieder mit dem Airless-Spritzgerät. Die Dispersion schützt den Beton auf doppelte Weise: Zum einen lässt sie kaum Kohlendioxid eindringen und bremst damit die Carbonatisierung, zum anderen verhindert sie einen Feuchteeintrag, da sie schlagregen- und spritzwasserdicht ist. Denn das Zusammenspiel von Carbonatisierung und Feuchte verursacht Korrosions- und Betonschäden. Die Dispersionsfarbe verlangsamt diesen Prozess erheblich. Bei zweimaligem Anstrich überbrückt sie auch kleine Haarrisse im Untergrund. Sollte wider Erwarten dennoch irgendwann einmal punktuell Feuchte in den Beton eindringen, kann diese wieder ausdiffundieren, da die Farbe gut wasserdampfdiffusionsfähig ist.
Mit dieser Vorgehensweise wird das elegante Tragwerk der Neckarüberführung ertüchtigt und die Standsicherheit für die Zukunft gewährleistet. Wenn die Sanierungsarbeiten im Oktober 2014 abgeschlossen sind, dürfte die Hirschhorner Brücke ausreichend gerüstet sein, um weitere 30 Jahre Autoverkehr zu überstehen.
Zusammenfassende Sätze
In seinem Standardwerk „Brücken“ lobte Fritz Leonhardt die Gestaltung der Neckarüberführung bei Hirschhorn. Sowohl die Fahrbahn als auch das Betontragwerk der Brücke werden nun gründlich instandgesetzt. Das Remmers-Oberflächenschutzssystem für den Beton trägt zu einem beschleunigten Bauablauf bei.
Bildunterschriften:
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Ambitionierter Brückenentwurf: Die geschwungene Unterkante des Kastenträgers und die elliptischen Pfeiler, die sich nach unten verjüngen, lassen einen hohen gestalterischen Anspruch erkennen. (Foto: Karl Gotsch)
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Während der Instandsetzung: Für die Sanierung des Betontragwerks wurde eine Arbeitsebene mit Stahlseilen von der Fahrbahnplatte abgehängt. (Foto: Hessen Mobil)
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Übliche Betonschäden: Im Laufe von 30 Jahren hat die Carbonatisierung an einigen Stellen den Bewehrungsstahl rosten lassen. (Foto: Remmers)
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Den Oberflächenschutz „OS Concre-Fill“ von Remmers wurde zunächst mit einem Airless-Spritzgerät aufgebracht. (Foto: Remmers)
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Nach dem Auftragen mit dem Spritzgerät egalisierten die Arbeiter „OS Concre-Fill“ mit Bürsten und Besen, um Betonporen zuverlässig zu verschließen. (Foto: Remmers)
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Die Brücke zur Halbzeit der Instandsetzungsarbeiten. Deutlich zu sehen der Vergleich vor und nach der Instandsetzung mit dem Oberflächenschutzsystem „OS Concre-Fill“. (Foto: HörnigBauwerksSanierung)